Bulbillen, Brutzwiebeln, Scheinblüten, Hardneck und Softneck, Knollen und Zehen, Rundlinge, Silverskin, Rockenbolle … was bedeuten all diese Begriffe ?
Wir erklären Ihnen diese botanischen Begriffe einfach mal in Klartext.
Zur Veranschaulichung viele schöne Bilder aus verschiedenen Saisonen und und Gärten, von der Aussaat bis zur Trocknung.
Bulbillen und Brutzwiebeln… sind das gleiche. Auch Luftzwiebeln genannt. Es sind zu 100% identischen Klone der Mutterpflanze, welche sich bei den Hardnecksorten am oberen Ende des „Hardneck“, dh. des Stängels, bilden. Genetisch identisch mit der Mutterpflanze sind diese Bulbillen deshalb, weil hier keine sexuelle Vermehrung stattfindet, also keine Neuvermischung der Gene durch Befruchtung stattfindet. Interessant ist das für den Gärtner deshalb, weil dadurch verschiedenste Knoblauchsorten nebeneinander kultiviert werden können – ohne dass es eine Gefahr der Verkreuzung der Sorten gibt !
Die Bulbillen sind eine Anpassung des Knoblauchs an die ziehmlich harschen Wachstunsbeingungen im Ursprungsgebiet der Pflanze, den Gebirgen Zentalasiens: Hier gilt es, die kurze Wachstumsperiode auszunutzen, in der kein Frost mehr herrscht und doch noch Wasser vorhanden ist (Schneeschmelze) – also schnell wachsen, bevor das zentralasiatische, heisse und staubtrockene Steppen-Sommer zuschlägt.
Knoblauch-Blüten: Knoblauchpflanzen machen Blüten, diese scheinen zwischen den Bulbillen hindurch. Bei genauerem Hinschauen, zB mit einer Lupe oder einfach mal mit dem Zoom fotografiert, stellt sich aber heraus dass diese Blüten keine befruchteten Blüten sind – weil sie keine Staubgefässe mit Pollen besitzen. Sieht also nach Scheinblüten aus. Die Bulbillen die ja dicht gedrängt im Bulbillenstand auftreten, würgen die Stängel der Blüten derart ab, dass diese unfruchtbar bleiben. Will man fruchtbare Blüten haben, muss man vorsichtig die noch sehr kleinen Bulbillen entfernen. So kann man eventuell zum Knofi-Züchter werden. Wird in den USA an Universitäten gemacht, ist aber nichts für Hobbygärtner.
Hardneck-Sorten: Das sind die Knoblauchsorten mit einem „harten Hals“ wie man auf englisch sagt, manchmal auch Stiffneck genannt. Gemeint ist etwas was jeder kennt, der Zwiebeln im Garten hat: manchmal „schiesst“ eben eine. Genau das tut der Knoblauch auch und bildet dann eben am Schosser seine Bulbillen und Blütchen aus. Einige Hardnecks zählen zu den ursprünglichsten Knoblauchsorten. Praktisch ist dass man die Zehen essen und die Bulbillen stecken kann, letzteres jedenfalls von den Sorten, welche grosse Bulbillen machen.
Softneck-Sorten: Das sind die Sorten, mit denen man gut Knoblauchzöpfe flechten kann. Geht zwar mit den Hardnecks auch, ist aber nur in sehr grünem Zustand möglich. Klar, denn Softneck heisst ja „weicher Hals“. Die Softnecks machen keinen Schosser mehr – meistens jedenfals nicht. Es sind dies die Sorten, denen der Mensch im Laufe der Jahrtausende das „schiessen“ abgewöhnt hat, man kann sie nur noch über die Zehen vermehren. Fast alle kommerziell angebauten Sorten zählen zu den Softnecks, ausserdem sind es die Sorten, welche besonders in warmen Klimaten ohne richtigen Winterfrost gut wachsen – zB in den Küstenregionen in Deutschland oder im Mittelmeerklima (Knoblauch aus der Provenve…). In warmem Klima werden die Knoblauchkulturen bewässert, schon früh im Mai geerntet, und schiesst dann schon … in der Küche, da er nicht richtig runtergetrocknte wurde.
Vernalisation: Das Wort bedeutet „Winterung“ und meint botanisch, dass die Pflanzen oder das Saatgut einem Winterfrost bzw je nach Pfanze Kälte ausgesetzt waren. Denn es gibt Pflanzen, die die Kälte brauchen um überhaupt keimen zu können (Petersilie zB) ! Das ist beim Knoblauch zwar nicht der Fall, wie jeder leicht bemerkt der schon einen gekeimten Supermarkt-Knoblauch im Regal liegen hatte. Allerdings bilden gesteckte Zehen wie Bulbillen ohne diesen Kältereiz nur Rundlinge, sogenannte Monozehen oder kleine Zehen aus. Wenn kein Kältereiz kommt, passiert nicht viel…
Rundling, Monozehe: Wenn kein Kältereiz den angewachsenen Knofi-Keimling erwischt…passiert folgendes: es bildet sich keine Basalplatte aus, auf der dann im Frühling die Knoblauch-Zehen ansezten könnten. Dafür gibt es eben eine grosse Zehe, die kugelrund ist… eine Monozehe. Deshalb bilden im Frühling gesteckte Zehen oder Bulbillen eben oft einfach Rundlinge aus. Allerdings ist das nicht bei allen Sorten so – bei den Softnecks ist der Vernalisationsreiz nicht mehr zwingend- sie bilden trotzdem Zehen aus.
Silverskin, Rockenbolle und Purple stripe: Diese Terminologie der Knoblauchvarietäten wurde in den 80er-Jahren in den USA eingeführt. Denn zuvor hatte sich weltweit noch niemand ernsthaft und wissenschaftlich mit dem Thema beschäftigt ! Es fanden in diesen Jahren die ersten botansichen Knoblauch-Expeditionen in die Ursprungsgebiete der Pflanze in Zentralasien statt, damals alles noch Sowjetunion: Georgien und Südrussland (Kaukasus), Usbekistan, Tadschikisten (Tienschan-Gebirge). Im Jahre 1991 erschien dann auch das erste ernstzunehmende botanische Werk zum Thema von Ron Engeland: „Growing Great Garlic: The Definitive Guide for Organic Gardeners and Small Farmers“. Da man Knoblauch wegen der fehlenden Blütenmerkmale nur anhand seiner vegetativen Merkmale beschreiben kann, wurden Merkmale wie Farbe der Zehen und Knollen, Streifen, etc als Namensgeber eingeführt.
Schlangenknoblauch: Fast alle Hardneck-Sorten machen im Schosser einen oder sogar zwei Kringel – das sieht dann eben schlangenartig aus. Auch botanisch heissen die Hardnecks „Allium sativum ophioscorodon“: Griechisch Ophis > Schlange, Scorodon > Knoblauch. Viele Gärtner denken, dass Schlangeknoblauch gleichbedeutend mit Rockenbolle sei, das stimmt aber nicht. Die Rockenbollen oder Rocamboles sind nur eine Untergruppe der Hardnecks, aber eben eine sehr bekannte.
Elefantenknoblauch: Das ist KEIN Knoblauch, er heisst nur so, also ein Phantasiename. Er gehört zum Lauch / Porree, botanisch „Allium ampeloprasum var. ampeloprasum“. Richtig wär Elefantenlauch. Macht bis zu 10 cm dicke Knollen (deshalb finden ihn manche toll) bei einfachem Lauchgeschmack.
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